Wer Alkohol getrunken hat, sollte sich nicht hinter den Lenker eines Autos setzen: so viel ist bekannt. Aber alternativ kann man sich doch nach einer Feier oder einem abendlichen Barbesuch auf den E-Scooter schwingen, um zumindest mit Tempo 20 nach Hause zu kommen? Ein gefährlicher Irrglaube, wie bisher schon mehrere Nutzer der flinken Roller erfahren mussten.
Kaum hat man einmal Durst, kommt auch noch Pech dazu. Diese Erfahrung in München musste jüngst ein junger E-Scooter-Fahrer machen, der mit seinem Roller gegen ein Polizeiauto prallte. Der Mann aus dem Starnberger Land war dabei stark alkoholisiert. Und leider kein Einzelfall: Allein in der bayerischen Landeshauptstadt wurden seit Inkrafttreten der E-Scooter-Verordnung am 15. Juni 38 Fahrer unter Alkoholeinfluss angehalten, sechs weitere unter Drogen, wie das Polizeipräsidium München berichtet. Auch in Städten wie Köln und Erfurt berichtet die örtliche Polizei von mehreren Alkoholfahrten.
Ein E-Scooter ist kein Auto, aber…
Da E-Scooter erst seit drei Wochen überhaupt zugelassen sind, weisen die Polizeiberichte auf einen gefährlichen Irrglauben hin. Die bereits hohe Zahl der Alkoholsünder lässt vermuten, dass viele Besitzer von Rollern die Annahme vertreten, sie dürften sich auch nach ein paar Bierchen noch auf den Roller schwingen: quasi als Alternative zu dem Auto. Das ist aber schlicht Mumpitz. Denn für Elektroroller gelten dieselben Werte wie für Autofahrer. Wer 0,5 bis 1,09 Promille im Blut hat, muss mit 500 Euro Bußgeld, einem Monat Fahrverbot und 2 Punkten in der Strafsünder-Kartei rechnen. Ab 1,1 Promille liegt sogar eine Straftat vor.
Folglich weist auch die Polizei Köln in einem Pressetext darauf hin, „dass das Führen von Elektro-Kleinstfahrzeugen unter Alkoholeinfluss wie das Führen anderer Kraftfahrzeuge, zum Beispiel Autos, geahndet wird. Je nach Grad der Alkoholisierung (Promillewert) beziehungsweise dem Umfang alkoholbedingter Ausfallerscheinungen begeht ein Führer eines E-Scooters eine Straftat nach § 316 StGB oder bei einer Gefährdung sogar eine Straftat nach § 315 c StGB“. Vor allem Letzteres lässt aufhorchen, droht Alkoholsündern doch eine fünfjährige Gefängnisstrafe, wenn sie durch ihr Verhalten Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährden.
Die strengen Vorschriften kommen nicht von ungefähr, geht von den flinken E-Scootern doch ein erhebliches Unfallrisiko aus. Das zeigt eine detaillierte Studie aus dem US-Bundesstaat Oregon, von der „Welt Online“ berichtet. Die Verkehrsbehörde Portland hat in einer viermonatigen Testphase 2018 insgesamt 176 Fahrer gezählt, die nach schweren Unfällen in die Notaufnahmen der Krankenhäuser gebracht werden mussten. Das klingt zunächst nach einer überschaubaren Zahl. Allerdings muss bedacht werden, dass nur 2.000 E-Scooter überhaupt an dem Test teilnahmen: Rein statistisch ist also jeder elfte Fahrer verunglückt! Leichtere Unfälle wurden da gar nicht mit eingerechnet.
Wesentliches Unfallrisiko sind hierbei die kleinen Räder, die mit so manchem Schlagloch oder anderen Unebenheiten der Straße überfordert sind. Auch die hohe Geschwindigkeit trägt zur Gefahr bei. Zu bedenken gilt es darüber hinaus, dass es den Deutschen an Erfahrung mit den flotten Flitzern mangelt. „Wie schon beim Pedelec zu beobachten, sind die Benutzer völlig ungeübt mit dem neuen Gefährt und seinen fahrdynamischen Eigenschaften“, schreibt ein großer deutscher Versicherer — und fordert eine eigene Unfallstatistik für Scooter. Die strengen Alkoholgrenzwerte gelten auch für alle anderen Elektrokleinstfahrzeuge, etwa Segways, Elektro-Longboards und Hoverboards.
Versicherungspflicht — aber Helm ist nicht obligatorisch
Aufgrund der hohen Unfallgefahr müssen die E-Scooter auch haftpflichtversichert werden, so schreibt es der Gesetzgeber vor. Spezielle Policen für die Elektroroller haben mittlerweile schon viele Versicherer im Angebot. Wichtig ist, dass Fahrer auch eine Plakette brauchen, die in der Nähe des Rücklichtes befestigt wird. Für Kinder unter 14 Jahren sind die schnellen Gefährte tabu.
Eine Helmpflicht besteht für die Roller hingegen nicht: auch wenn im Vorfeld der Einführung rege über eine solche diskutiert wurde. Trotzdem sollte dennoch ein Schutzhelm getragen werden. Gerade schwere Kopfverletzungen nach Stürzen sind im Straßenverkehr immer wieder Ursache für bleibende Schäden oder sogar eine dauerhafte Behinderung.