Die deutschen Verbraucher sind in Zeiten niedriger Zinsen zunehmend unsicher, wie sie ihr Geld anlegen sollen. So sind immer mehr Sparer mit der Wertentwicklung unzufrieden oder setzen gar auf riskante Finanzprodukte auf dem Grauen Kapitalmarkt. Das zeigt eine Umfrage des Bankenverbandes.
Sich Geld zurücklegen und für das Alter vorsorgen — das wollen viele Bürger. Aber in Zeiten niedriger Zinsen wird das zunehmend schwieriger. Wer sein Geld einfach unter dem Kopfkissen parkt, muss hohe Wertverluste durch die Inflation hinnehmen. Aber wie das Geld dann investieren?
Dass diese Frage deutsche Sparer umtreibt, zeigt eine aktuelle Umfrage des Bankenverbandes. Zwar geben sechs von zehn Befragten zu Protokoll (61 Prozent), sie seien mehrheitlich in der Lage, richtige Finanzentscheidungen zu treffen. Aber während bei der Umfrage vor zwei Jahren noch beinahe jeder zweite Sparer sagte, mit der Wertentwicklung seiner Geldanlage zufrieden zu sein, stimmen heute nur noch rund 38 Prozent zu.
Erschreckend ist auch die Erkenntnis, dass eine zunehmende Zahl an Menschen gar nichts für das Sparkonto oder die Altersvorsorge unternimmt. In den Jahren 2012 bis 2014 legten noch weniger als die Hälfte der Befragten gar kein Geld an. Die Gruppe der Nicht-Anleger aber ist mittlerweile auf über 50 Prozent angewachsen. Hier sei daran erinnert, dass bei vielen Menschen die gesetzliche Rente nicht ausreichen wird, um ein auskömmliches Leben im Alter zu führen.
Säulenübergreifende Renteninformation kommt
In Deutschland fußt das Rentensystem auf drei Säulen, die sich im Idealfall ergänzen sollen: die gesetzliche Rente als größte Stütze, die betriebliche Altersvorsorge und die private Vorsorge. Das Problem: Wer hier eine Vorsorgeform vernachlässigt, kann eine böse Überraschung erleben: im Zweifel reicht das Geld später nicht aus. Selbst ein Sparkonto ist unter Umständen unzureichend. Hier gilt es auch zu bedenken, dass unter Umständen zusätzliche Ausgaben anfallen, etwa weil das eigene Haus behindertengerecht umgebaut werden muss oder die Gesundheitskosten steigen.
Die Bundesregierung arbeitet aktuell an einem Modell, um dem Bürger zu zeigen, mit welchen Einkünften er in Summe im Alter rechnen kann: Die sogenannte säulengreifende Renteninformation soll im Herbst mit einem Gesetzentwurf angeschoben werden, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jüngst dem Handelsblatt berichtete. Ein Portal der Rentenversicherung soll dann abbilden können, welche Vorsorge-Formen man zusätzlich zur gesetzlichen Rente nutzt.
Dabei hat die Einführung des entsprechenden Online-Portals länger gedauert als erwartet. „Wir haben in Deutschland eine sehr heterogene Landschaft in der Altersvorsorge. Hier die richtigen Daten auf einer Plattform zusammenzufassen, ist deshalb eine sehr herausfordernde Aufgabe“, berichten Gundula Dietrich und André Geilenkothen vom Beratungshaus Aon.
Das klingt erst einmal nach einer komplexen Situation, hat aber für Sparer auch einen Vorteil: Man muss sich nicht auf eine Form der Geldanlage festlegen, sondern kann mehrere Optionen kombinieren. Denn der Markt ist groß. Sei es eine Rentenversicherung, das direkte Investment in Fonds und Aktien, ETFs, Sachwerte oder Immobilien: Man fährt sogar besser, wenn man auf mehrere Pferde setzt. Das senkt auch das Verlustrisiko, zumal keine Geldanlage ganz ohne Risiko auskommt.
Sicherheit ist deutschen Sparern wichtig
Eine weitere Umfrage des Marktwächter-Teams in Hessen zeigt, dass den Deutschen bei der Geldanlage vor allem die Sicherheit wichtig ist. Knapp drei Viertel der Befragten (72 Prozent) wünschen sich bei der Geldanlage kein hohes Risiko. Etwa jeder Siebte setzt aber auch auf hochriskante Anlagen, etwa am Grauen Kapitalmarkt: sogar mit steigender Tendenz. Das sind Produkte wie geschlossene Fonds 0der andere Produkte von Anbietern, die nicht von der Finanzaufsicht reguliert werden und im Zweifel Totalverlust bedeuten können.
Ein weiteres Ergebnis: Die Hälfte der Anleger (50 Prozent) möchte auch ethisch-ökologische Gesichtspunkte bei der Geldanlage berücksichtigen. Auch hierfür haben Anleger und Firmen bereits bestimmte Maßstäbe entwickelt. Viel diskutiert werden in letzter Zeit sogenannte ESG-Kriterien, wobei ESG für „Environment Social Governance“ steht. Gemeint sich folglich Kriterien des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und Unternehmensführung: also zum Beispiel, dass keine Kinder ausgebeutet werden und nicht in Kohle investiert wird. Hier sind Investoren und Rating-Agenturen dazu übergegangen, am Aktienmarkt entsprechende Standards zu definieren.
Es gibt also für viele verschiedene Anlegertypen eine (oder mehrere) passende Vorsorgelösungen. Wichtig ist jedoch, dass man etwas tut — sofern man im Alter gut abgesichert sein will. Hier hilft ein Beratungsgespräch, die Rentenlücke zu schließen. Denn auch das zeigt die Umfrage: Vertrauen in kompetente Beratung ist den meisten Bürgern noch immer wichtig. Nur etwas mehr als die Hälfte der Vorsorgesparer (52 Prozent) trifft Anlageentscheidungen tatsächlich allein und ohne einen professionellen Experten.